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Beitrag vom 06.11.2004
Just a Kiss
Julia Rohrbeck
Was geschieht, wenn sich eine Liebe gegen politische und kulturelle Widerstände behaupten muss? Ken Loach schafft Bilder des Glücks und der Verzweiflung. Ein kontrastreiches Werk mit wenig Hoffnung
Casim Khan (Atta Yaqub) und Roisin (Eva Birthistle) sind ein glückliches junges Paar. Er arbeitet als DJ in Glasgow und sie ist Musiklehrerin an einer katholischen Schule. Erst während des ersten gemeinsamen Urlaubs an der spanischen Küste ist Casim in der Lage, seiner Geliebten zu offenbaren, was er ihr von Beginn an verschwiegen hat: In sechs Wochen soll er seine Cousine Jasmin heiraten!
Casim ist der Sohn pakistanischer EinwandererInnen, seine Eltern sind sehr gläubig, leben traditionsbewusst und sind fest in die muslimische Gemeinde integriert.
Für die Eltern würde es einen Bruch mit Casim bedeuten, wenn er sich nicht ihrer Entscheidung beugen und die Hochzeit absagen sollte.
Ein Verwirrspiel beginnt und Casim scheint im Strudel der Erwartungen, die andere an ihn stellen, zu ertrinken. Da ist Roisin, die ihm nicht verzeihen kann, dass er sich aus Angst zunächst für seine Familie und somit auch gegen ihre Beziehung entscheidet. Doch schließlich gesteht er seiner Mutter, dass er die Hochzeit absagen wird, kann aber nicht von seiner Freundin erzählen, da sie eine weiße Christin ist.
Casims Schwester Rukhsana übt Druck auf Roisin aus, denn die Familie ihres zukünftigen Bräutigams ist gegen die Heirat ihres Sohnes mit Rukhsana, da Casim große Schande über seine Familie gebracht hat. Die Khans haben durch Casims Verhalten das Vertrauen der muslimischen Gemeinde verloren. Rukhsana bittet Roisin, Casim zu verlassen, um nicht noch das Leben weiterer Menschen zu zerstören.
"Just a Kiss" ist ein Film über Religionskonflikte, über Menschen zwischen Tradition und Moderne. Er kritisiert sowohl die Traditionalisten der pakistanischen Gemeinde als auch das christliche Establishment.
AVIVA-Tipp:
Tolles, problemorientiertes Material für einen Film. Nur fehlen die richtigen Lösungsansätze. Ich bin empört über das Verhalten der Eltern, ihnen ist die Aufrechterhaltung der Tradition wichtiger als Casims Ziel, sich frei in der Gesellschaft zu entfalten. Aber auch Roisin ist zu borniert, ihr fehlt wiederum die Gabe, auch Traditionen zu respektieren. Der Film wirft nur Fragen auf und beantwortet keine einzige. Das ist vielleicht der Grund, warum ich deprimiert aus dem Kinosaal schleiche.
Just a Kiss
(OT: A fond kiss)
GB, Bel, D, It, Esp 2004
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty
DarstellerInnen: Atta Yaqub, Eva Birthistle, Shamshad Akhtar, Ghizala Avan u.v.a.
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Länge: 103 min
Kinostart: 11. November 2004
www.just-a-kiss-der-film.de